Petra

Meine Herzensangelegenheit

«Geh wohin dein Herz dich trägt».

Der Titel von Susanna Tamaros Buch, das ich vor vielen Jahren las, gewann für mich mit Seelentrösterli plötzlich an Bedeutung. Nun, da Seelentrösterli entstanden ist, weiss ich, dass es mein Herz war, das mich auf vielen Umwegen dorthin getragen hat. Ich vergleiche es gern mit einer Zugfahrt. So gab es viele verschiedene Stationen in meinem Leben, die von grosser Bedeutung waren, durch die ich viel gelernt habe. Doch waren es nur Stationen auf meinem Weg zum jetzigen Zielbahnhof. An manchen Stationen verweilte ich länger, an anderen kürzer. Ab und zu wechselte ich das Abteil, selten sogar den Zug und damit das Ziel. Manchmal fuhr der Zug schneller, dann wieder langsamer. Auch gab es Pannen. Unterwegs lernte ich die unterschiedlichsten Passagiere kennen und von jedem lernte ich etwas dazu. Etwas über mich, etwas über die anderen. Immer wieder fragte ich mich, ob ich im richtigen Zug sitze. Bis ich auf zwei Passagiere traf, welche mich eine grosse Wegstrecke begleiteten und bis heute begleiten. Gemeinsam suchten wir am nächsten Bahnhof nach dem richtigen Zug, ohne zu wissen, wonach wir wirklich suchten. Ein Zug fuhr ein, der uns magisch anzog. Der Zug, wohin mein Herz mich trug, Seelentrösterli stand da. Wir stiegen sofort ein, ohne zu wissen, wie lange der Zug fahren wird, wie oft er halten wird. Bis wir endlich am Ziel ankamen: Seelentrösterli. Die Ankunft im Zielbahnhof meiner Stadt Seelentrösterli bedeutet nicht, dass ich stehen bleibe. Hier bin ich ausgestiegen. Ausgestiegen, um meine Herzensarbeit zu leben. Um diejenigen zu unterstützen, deren Trauer sie zu Seelentrösterli getragen hat.

Wohnst Du auch in der Stadt Seelentrösterli?

Wenn ja, in welchem Haus? Was brauchst Du, damit dein Haus nicht alleine von der Trauer überschattet wird, sondern Lichtstrahlen durch die Wolken zu Dir gelangen? Ist es ein neuer Anstrich in einer fröhlichen Farbe? Ein schöner Garten? Blühende Blumen? Eine schöne Aussicht? Oder …?

Dominique

Ich bin 1977 in der Region Basel geboren.

Meine Grundausbildung als dipl. Pflegefachfrau habe ich im Jahr 2000 abgeschlossen, es folgten diverse Weiter- und Fortbildungen.

Mit meiner wundervollen Familie lebe ich in Kleinlützel, in der Nähe von Basel.

In voller Dankbarkeit lebten wir als glückliche und gesunde Familie bis zu dem Zeitpunkt als unsere Welt plötzlich für eine Weile stehen blieb...

Jade, unsere mittlere Tochter von drei Kindern, verstarb mit knapp 10 Jahren im Mai 2018 durch einen tragischen Unfall.

Von einem zum anderen Moment entglitt uns der Boden unter den Füssen. Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, ein unbeschreiblich tiefer Seelenschmerz, Schockstarre, grenzenlose Sehnsucht, unendliche Trauer, der fehlende Blick in die Zukunft und viele weitere schwierige Themen bestimmten für lange Zeit unser Leben. Nichts ist mehr gleich, die Zeit, die Worte, die Erlebnisse, die Zukunft, der "Alltag" und die Gefühle bekommen eine andere Bedeutung, einen anderen Inhalt.

...und dann gibt es in dieser ganzen Hoffnungslosigkeit die bedeutsamen Blüten, die dem herausfordernden Weg wieder Farbe schenken und ihm einen neuen Sinn geben.

Ich erfuhr, wie wertvoll und wichtig Trauerbegleitung ist. Ich durfte die vielen Facetten der Trauer kennenlernen und durchleben. Durch die behutsame und achtsame Begleitung auf unserem gemeinsamen Weg als Familie konnten wir in kleinen Schritten andere Richtungen einschlagen. In einer gesunden Form habe ich gelernt, die Trauer, den Schmerz und die Sehnsucht auf meinem Lebensweg achtsam zu integrieren und neue Kraft spendende Ressourcen zu schaffen.

Es gibt IHN, den anderen Weg! Den Weg mit Jade in unseren Herzen, den Weg, der eine neue Form von Glück, Freude, Lebensmut und Zuversicht zulässt.

Aufgrund eigener Erfahrungen und Prozesse bin ich immer wieder im Austausch mit betroffenen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Dies bekräftigte mich, die Ausbildung zur Familientrauerbegleiterin bei Mechthild Schroeter-Rupieper zu machen.

Es ist für mich eine Herzensangelegenheit, Menschen auf dem Weg mit ihrer Trauer zu begleiten.

Mit meinem einfühlsamen, achtsamen, offenen und ruhigen Wesen begegne ich dir in einer wertschätzenden und herzlichen Haltung.

Die Reise als Seelentrösterli gemeinsam mit Petra zu gestalten, bereitet mir viel Freude und ist eine Bereicherung, denn eine dieser bedeutsamen, farbigen Blüten auf meinem Weg und dem meiner Familie, ist Petra.

Oft darf ich mich erinnern, dass Petra selbst diese Form von Verlust nicht erlebt hat, mit ihrem so liebevollen, mitfühlenden und tiefgründigen Wesen gerät dies bei mir jedoch immer wieder in Vergessenheit.